Zeitungsberichte
Der Fall St. Josef
Eine Greiwske Spökenkiekerie
Westfälische Nachrichten 7. Febr. 2019
Klaus Roths neues Buch behandelt die
Abriss-Debatte spannend und überspitzt
Leichen unter der
Josef-Kirche
Greven - So richtig will sich Klaus Roth nicht auf das
Sujet festlegen. Ist sein neuester Roman über das
Josefviertel und die Josefkirche nun ein Krimi oder
nicht? Jedenfalls kommt mehr als eine Leiche zum
Vorschein, als die Kirche – im Roman – abgerissen
wird.
Von Jan-Philipp Jenke
Unter dem Pseudonym Claude LeRouge hat Klaus
Roth den Roman veröffentlicht. Dieser ist ein bisschen
Krimi und ein bisschen Satire rund um die reale
Kirchenabriss-Debatte. Foto: Jan-Philipp Jenke
Die Josefkirche wird im Laufe des
Frühjahrs abgerissen. Das ist nach
langwierigen Diskussionen Fakt. Klaus Roth
ist da ein bisschen weiter: „Ich habe die
Kirche schon abgerissen.” Zumindest in
seinem neuen Roman „Der Fall St. Josef –
Eine Greiwske Spökenkiekerie”. In der
Fiktion war es schon Ende November so
weit. Und dabei wird unter dem
Fundament der Kirche aus den 50ern eine
Leiche gefunden. Die zweite. Die erste
findet der kleine Kevin ein paar Wochen
vorher bei einem Tagesausflug der Kita St.
Josef in einem Steinzeitgrab in den
Wentruper Bergen.
Steinzeitlich ist der Fund aber nicht. Der
Schädel ist 65 bis 70 Jahre alt, also ein Fall
für die Polizei (die ermittelnde
Kommissarin ist überdies in eine kleine
Liebesgeschichte verwickelt).
Von einem Krimi möchte Klaus Roth bei
dem Roman nicht sprechen, auch wenn der
Leser gewisse Merkmale wiederfindet und
es weitere Leichen gibt („Das muss man
dann aber lesen”).
Die Kriminalgeschichte diene vielmehr als
roter Faden. Ebenso wie die reale Debatte
um den Kirchenabriss. „Die wird im Buch
überspitzt dargestellt. Beide Positionen
prallen aufeinander, wobei die Gegner sich
unversöhnlich gegenüberstehen.”
Beispiel gefällig? Der Leserbrief-Krieg.
Leserbriefe hat es in dieser Zeitung
tatsächlich gegeben. Roth setzt jedoch
noch einen drauf: In einem Leserbrief
schreibt ein Bauer aus Grevens Norden,
dass der Bischof die Kirche abreißen lassen
kann. Er stellt aber infrage, ob er sie
wieder aufbauen darf. Denn das
Grundstück wurde nicht verkauft, sondern
lediglich für den Kirchenbau zur Verfügung
gestellt.
Daraufhin gibt es ein Attentat auf den
Leserbriefschreiber.
Ein weiteres Beispiel: Zwei Arbeiter
werden beim Abmontieren der Glocke
verletzt. Das Dach war undicht, die
Aufhängung morsch. So ist die Glocke auf
die Arbeiter gefallen. Für die Abrissgegner
ein Eingreifen des Himmels.
Und selbst Pfarrer Lunemann kommt im
Schlusssatz bei der Beisetzung der beiden
Leichen zu Wort – wenn auch nicht
namentlich, sondern als „Pfarrer von St.
Martinus”.
Ist der Roman also mehr Satire als Krimi?
„Die Überspitzungen haben durchaus
satirische Züge”, räumt Klaus Roth ein.
Seiner Meinung nach (Roth wohnt selbst
links der Ems) wird durch den realen
Abriss der Josefkirche einem ganzen
Viertel die Identität genommen. Dabei
verweist er auf den markanten
Glockenturm.
„Wie lange hätte man die alte Kirche von
dem Geld für Abriss und Neubau erhalten
können”, fragt er und stellt auch das
Argument der Abrissbefürworter infrage,
dass zu wenig Leute in die Kirche kämen.
„Nachher kommen gar keine mehr”,
befürchtet er:
„Die Kapelle ist nicht unsere, sondern die
des Bischofs, könnten dickköpfige
Grevener denken.” Und wie soll die neue
Kirche heißen? „Dazu hat noch keiner was
gesagt”, betont Klaus Roth und erklärt,
dass das Viertel ohne Josefkirche nicht
mehr Josefviertel heißen könne.
„Dann wieder Greven links der Ems, wie
offiziell bis zur Stadtwerdung Anfang der
50er Jahre?”
Das 125-seitige Buch (sein bislang
kürzester Roman) ist seit Weihnachten auf
dem Markt. Geschrieben ist es unter dem
Pseudonym Claude LeRouge. „Das war
mein Spitzname bei den Schülern”, so
Klaus Roth, der bis zu seiner Pensionierung
im Sommer 2012 Französischlehrer am
Dionysianum in Rheine war: „Sie haben
versucht, meinen Namen ins Französische
zu übersetzen.”
Nach der Pensionierung begann Klaus Roth
seine Autoren-Karriere. „Ich musste was
tun, Rasenmähen und Sudokus konnten es
ja nicht sein”, sagt der Grevener.
„Der Fall St. Josef” ist sein fünfter Roman.
Das Thema sei auf der linken Emsseite viel
diskutiert worden, da habe er sich
gedacht: „Schreib doch mal drüber.” Der
Schaffensprozess sei dann wie eine
Wanderung. „Ich kenne das Ziel, aber
nicht den Weg dorthin.”
Klaus Roth hat sein Ziel mittlerweile
erreicht. Und auch die Josefkirche steht
kurz vor dem Ende. Bleibt nur zu hoffen,
dass es beim Abriss keine böse
Überraschung gibt.